Andreas Felger, Alblandschaft - Durchdringung, 1974
Keramikfliesen mit Unterglasurbemalung, 550 x 1000 cm, Fotograf: Benedikt Schweizer © AFKS
Andreas Felger, Alblandschaft – Durchdringung, 1974
Keramikfliesen mit Unterglasurbemalung, 550 x 1000 cm, Fotograf: Benedikt Schweizer © AFKS
Andreas Felger, Alblandschaft – Durchdringung, 1974
Keramikfliesen mit Unterglasurbemalung, 550 x 1000 cm, Fotografie: Stadtwerke Mössingen © AFKS
ALBLANDSCHAFT – DURCHDRINGUNG
1974
KERAMIKFLIESEN MIT UNTERGLASURBEMALUNG
550 x 1000 cm
HALLENBAD MOESSINGEN

 

 

Kunst im öffentlichen Raum wird unterschiedlich wahrgenommen: Manchmal wird sie übersehen, manchmal gehört sie ganz selbstverständlich zum öffentlichen Raum dazu und manchmal wird sie bewusst wahrgenommen. Immer aber eröffnet sie neue Perspektiven. So ist es mir persönlich ergangen mit dem Wandbild des Mössinger Hallenbads, das ich sehr gern für das Quartal 02.2022 vorstelle.
Das Werk besteht aus Keramikfliesen mit Unterglasurbemalung und ist beeindruckende 10 Meter breit. 1974 erhielt Andreas Felger diese in Bezug auf Material und Dimension herausfordernde Aufgabe – und so ist das Bild so alt wie das Bad selbst. Bei meinen ersten Schwimmbadbesuchen Anfang der 2000er Jahre war mir gewiss keine dieser Informationen geläufig. Und doch war Alblandschaft – Durchdringung immer da: Beim Streckentauchen konnte man an der farbenfrohen Fassade erkennen, ob man es weit genug geschafft hatte. Beim Warten am Sprungturm ließ man die Blicke kreisen. Und beim Rückenschwimmen gab das Wandbild Aufschluss, ob man noch auf Kurs lag. Das Werk spendete Wärme im kühlen Blau des Hallenbads und eröffnete Ruhe vor der Aufregung manches Zeitschwimmens. Die Beziehung zur Kunst gestaltete sich pragmatisch.
2015 durfte ich im Auftrag der Andreas Felger Kulturstiftung einige Werke für die KUNST.STATIONEN (Werke von Andreas Felger im öffentlichen Raum) fotografieren – so auch das Mössinger Bad. Und damit eröffnete sich für mich eine neue Perspektive: Im Puzzle der einzelnen Schamottplatten mit ihren klar abgegrenzten Kontrasten und Farbflächen wurden nun strukturelle Ähnlichkeiten zu Felgers Stoffentwürfen sichtbar. Die Ornamentik erinnert an die Pausa-Serie Mexicana vom Ende der 1960er Jahre. Zum oberen Bildrand, wie so oft bei Felgers Landschaftsdarstellungen, werden die Farben heller und wärmer und die Form der bekannten Bergsilhouette rund um Hirschkopf und Farrenberg fügt sich ein in den von unzähligen Aquarellen vertrauten Blick auf Felgers Heimatort. Sie verwurzeln das Bad räumlich und weiten zugleich den Horizont, besonders wenn sich bei Sonneneinfall die Farben an der Decke spiegeln und im Wasser quasi-impressionistisch schillern. Kurzum: Das Wandbild macht das Hallenbad für mich künstlerisch zum Freibad.
Übrigens: Knapp 50 Jahre nach Errichtung des Bades wurde nun ein Umbau fällig. Das Werk blieb. Mehr noch: Die Farb- und Formsprache wurde maßgebend für die restliche Innenarchitektur. Mehr denn je schafft Andreas Felgers Alblandschaft neue Perspektiven im öffentlichen Raum und wird sich noch in viele Biografien Mössinger Schwimmbadbesucher einprägen.

Text von Benedikt Schweizer

Benedikt Schweizer, Politikwissenschaftler und Theologe, arbeitete von 2014 bis 2019 während seines Studiums als freier Mitarbeiter für die Andreas Felger Kulturstiftung. Er hat in Mössingen nicht nur das Schwimmen gelernt, sondern auch das Fotografieren. Er archivierte viele Werke von Andreas Felger und fuhr unter anderem mit der Credo-Ausstellung durch Deutschland.