Andreas Felger, Credo IX: Hinabgestiegen in das Reich des Todes, 2011
Öl auf Leinwand, 120 x 120 cm © AFKS
Credo IX: Hinabgestiegen in das Reich des Todes
2011
Öl auf Leinwand
120 x 120 cm

 

Hinabgestiegen in das Reich des Todes
aus der Sicht eines Komponisten

An den eher dunklen Wintertagen, die zu einer inneren Einkehr einladen, trete ich oft in einen stillen Dialog zwischen Bildern und Klängen. Das Bild Hinabgestiegen in das Reich des Todes zieht mich in seinen Bann. Vor meinem inneren Auge öffnet sich eine schlichte Treppe, die in die Tiefe führt – in die Dunkelheit, deren Ziel und Bedeutung im Ungewissen liegen. Die Symbolik dieser Szene ist unmissverständlich und dennoch tiefgründig. Die schlichte Form der Treppe provoziert mich geradezu, herausfordernd und vielleicht sogar ein wenig anklagend. Sie symbolisiert mehr als nur einen Weg nach unten; sie ist ein Übergang, der in die Tiefe der Erfahrung führt, wo Licht und Dunkelheit sich vereinen.

Als Komponist finde ich es einfacher, die Wirkung dieses Bildes in Tönen auszudrücken als mit Worten zu beschreiben. Es ist eine persönliche Reise, bei der Farben, Formen und Strukturen zu Klängen werden, die einen neuen Raum der Wahrnehmung öffnen. Es ist wie die Suche nach einem Klang, der die Tiefe und die Ängste der Dunkelheit widerspiegelt, aber auch die Hoffnung, die im Unbekannten liegt. Besonders auffällig ist für mich der überwältigende Anteil an Dunkelheit, und dennoch an der Oberfläche ein flammendes Licht. Dieses Licht erscheint für mich wie ein Auffordern zum Loslassen. Es zwingt mich nahezu, mich von Vergangenem zu lösen, um den Mut zu finden, mich auf einen neuen, ungewissen Weg zu begeben.

Die Orgel, deren Klang allein durch Luft zum Leben erweckt wird, ist für mich ein kraftvolles Symbol für den Atem – das Leben selbst. Ihr tiefes, manchmal bedrohliches Tönen wird zum Begleiter auf der metaphorischen Treppe ins Unbekannte. Wenn die Luft versiegt, stirbt der Klang, und dieses Verhallen lässt sich bewusst künstlerisch einsetzen: als Ausdruck des Vergänglichen, des unausweichlichen Endes. In diesem Zusammenspiel aus Klang und Stille, aus Leben und Vergehen, verschmelzen Bild und Musik zu einer Erfahrung, die Worte übersteigt und in tiefere Wahrnehmungsebenen führt.

Und am Ende? Stillstand. Verweilen. Ein Moment, der weder Anfang noch Ende kennt – wie ein Atemzug, der in der Schwebe verharrt. In diesem Zwischenraum entfaltet sich eine seltsame Spannung, ein Gefühl des Wartens, ohne zu wissen worauf.

Text von Sebastian Bartmann

Der in Stuttgart ansässige Komponist und Instrumentalist Sebastian Bartmann hat 2018 die Stücke für Orgel solo zum Credo-Zyklus Andreas Felgers komponiert und 2019 eingespielt. Zu dem Musiker Sebastian Bartmann und seine Vertonung der 2011 entstandenen Gemälde Andreas Felgers zum Glaubensbekenntnis finden Sie weitere Informationen unter: www.sebastianbartmann.com