Andreas Felger hat diesen Zyklus 1989 im Auftrag von Pfarrer Heinz-Günther Gasche, dem Vorstandsvorsitzenden des diakonischen Werks Hessen und Nassau für die Landesgeschäftsstelle in Frankfurt a. M. geschaffen, wo er viele Jahre im Eingangsbereich hing.
In der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Sieben Werken der Barmherzigkeit war für Andreas Felger in besonderer Weise das Tun der Barmherzigkeit als >Identifikation mit den Notleidenden< (misericordia) wichtig, das er in der Technik des Holzschnittes zum Ausdruck bringt. Die vielen schwungvollen Schnittlinien, die in jedem Bild des Zyklus’ mal mehr, mal etwas weniger zu sehen sind, konturieren die dargestellten Personen nicht nur, sondern setzen sie in eine dynamische Beziehung, in welcher Identifikation erkennbar wird. Besonders sichtbar wird das in dem Bild >Gefangene lösen<, in dem die Fesseln der Gefesselten sich mit den tätigen Armen der Lösenden verbinden und nicht mehr unterscheidbar ist, wer eigentlich gefesselt und wer gelöst wird. Oder im Bild >Kranke besuchen<, in dem die konturierenden Linien der Bettdecke übergehen in die Konturen der Kleidung des Besuchers. All dies sind Hinweise auf die Identifikation mit den Notleidenden.
Andreas Felger hat sich bei dieser Thematik bewusst für die Technik des Holzschnittes (und nicht für die der Aquarell- oder Ölmalerei) entschieden, weil der Holzschnitt zum einen mit seiner rauen und rissigen Oberflächenstruktur schon auf haptischer Ebene die hier gewählte Thematik aufgreift und unterstreicht, und zum anderen, weil der Holzschnitt keine Korrektur erlaubt. Schnitte müssen sitzen. Was weg ist vom Holz, ist weg, und kann nicht im Nachhinein korrigiert bzw. wieder angebracht werden. Die künstlerische korrekte Tat korreliert in dieser Hinsicht auch mit der Thematik, denn ein Werk der Barmherzigkeit an einer konkreten Person in einer konkreten Stunde kann ebenso nicht korrigiert werden. Entweder findet das Werk zu gegebener und verantworteter Zeit statt oder es wird versäumt. Ein Nachholen ist nicht mehr möglich.
Andreas Felger hat verschiedene Werkgruppen und Zyklen geschaffen, die inhaltliche Einheiten bilden. Im Sinne von Wanderausstellungen sind sie auf Anfrage aus dem Stiftungsbestand entleihbar.